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Medellin

Danach fuhren wir nach Cali, wo unser Couchsurfinghost nicht antwortete. Also ging es nach ein paar Stunden Pause mit dem naechsten Bus weiter nach Medellin, hier hatten wir schon mehrere Antworten und eine Freundin auf uns wartend.

Dayan, die Unglaubliche! Thiago wohnte in Buenos Aires mit ihr zusammen

Mit Dayan gingen wir in ein geiles Naturwissenschaftsmuseum und wir danach ins Planetarium, wir waren 2 Tage lang da und konnten trotzdem nicht alles sehen! Fuer Kinder wie uns und echte Kinder sehr zu empfehlen.

Eine der schoensten Installationen im interaktiven Museum fuer mich war die Musikhalle (es gab 4 riesige Hallen, die Aquarien, den Sciencespielpark draussen, den Explorerroom und aparte das Planetarium). Hier gab es einen Film ueber Musik in Kolumbien und ganz viele Spiegel. Ich hatte Spass und wuenschte mir eine hoehere ISO.

Medillin hat uns unglaublich gut gefallen. Noch besser als Quito und naja als Lima sowieso. Und sie ist nur auf ca. 1600 Metern, wir haben es ueberhaupt nicht mehr bemerkt. Es ist immer Sommer, bzw. das perfekte Wetter. Schoen warm, aber nachts kalt genug zum schlafen. Jahreszeiten unterscheiden sich nur im Sinne von mehr Wind oder ein bisschen Regen.

Wir blieben ca. 10 Tage und hatten wie so oft ganz tolle Couchsurfergastgeber. So hatten wir uns Kolumbien gewuenscht, denn Kolumbianer sind sehr herzliche, warme, willkommenheissende Menschen und so wurden wir auch empfangen. Ohne Probleme konnte man hier in den Comunas herumspazieren und sich wie zu Hause fuehlen (das mit Sicherheit nicht in jeder Comuna).

Comuna in Kolumbien, Villa in Argentinien, Favela in Brasilien ist alles der gleiche Name fuer ein Viertel, das sich die Leute selbst zusammengeschustert haben. Oft wohnen hier die finanziell extrem Beduerftigen, Drogenlords, es gibt viel Prostitution (auch von Minderjaehrigen), welche in Lateinamerika ich glaube ueberall verboten ist und alles andere, was man so illegal tun kann. Oft werden einfach Gebaude uebereinandergebaut, ohne Genehmigungen. Strom und Wasser werden angezapft und die Polizei hat keinen Zutritt.

Das variiert natuerlich alles stark nach Land und Favela. Manche sind normale, offizielle Wohngegenden und andere sind besser nicht zu betreten, wie in Cidade de Deus (empfehlenswerter Film ueber eine Favela in Rio de Janeiro) oder Elefante Blanco (empfehlenswerter Film uber eine Villa in Buenos Aires). Einfach nur, um aus Peru auch noch einen draufzuschmeissen: La Teta Asustada.

Wer zuerst alle Filme angesehen hat, gewinnt die Beatrix von Storch Vodoo-Puppe, die ich Torben versprochen habe.

Die Drogenproduktion findet normalerweise in den Favelas statt, egal in welchem Land hier, weil die Polizei eben nicht reinkommt. Aus Angst oder weil gekauft oder beides, Polizisten und Politiker sind ja schliesslich die bekanntesten Drogenhaendler nach wie vor.

Thiago, leider voellig unbekannt

Heute! Exkurs Drogen: Und diesmal rede ich nicht von Zucker.

Mich hat ueberrascht und gefreut, dass es kein Heroin in Lateinamerika gibt. Denn die gesamte Schlafmohnproduktion die in Kolumbien von Statten geht, wird wohl nur in die USA geliefert.

Ich erwaehnte schon einmal, dass in Peru um Ayacucho herum die groesste Kokablaetterplantation zur Produktion von Kokain (in Peru und nur soweit ich weiss) zu finden ist, weil die Bauern dort gezwungen werden Koka anzupflanzen anstatt ihrer Lieblingsfruechte.

Meine Lieblingsfrucht: Gruenzeuch

Deshalb ist Kokain extrem guenstig in Peru, Bolivien und Kolumbien und es macht natuerlich auch den Weg in die USA, aber auch nach Argentinien und Chile weshalb die Grenzuebergaenge nach Sueden immer schwieriger sind als nach Norden (nach Norden schwierig ab Panama). Tatsaechlich hat uns einmal jemand mitgenommen beim hitchhiken, der sagte, er haette nicht angehalten, wenn wir in die andere Richtung gewollt haetten. Aber selbstverstaendlich ist das alles nur eine Frage des Geldes, die Droge ueber die Grenze zu kriegen. Weiter im Text.

In Argentinien, wo Kokain immer noch deutlich guenstiger ist als in Deutschland, aber schon teurer als in den herstellenden Laendern, koennen sich die ganz Armen und somit meistens Villabewohner und somit groessten Abnehmer der Droge, kein Kokain leisten. Deshalb wird dort Paco hergestellt in den Villas, (weil Abwesenheit von Polizei, logisch) und unheimlich guenstig verkauft, die argentinische Version von Crack. Soweit ich weiss kostet das Teufelszeuch pro Gramm ca. nen halben Euro. Dafuer ist man sofort suechtig, hat weniger Hunger (ideal auch fuer die Kinder) und muss nicht mehr so lange leben.

Wer es kaum erwarten kann zu Hause loszulegen: Einfach Reste von Kokablaettern oder das uebrige Kokain von der letzten Vorstandssitzung zusammenkehren, Rattengift, Bicarbonat und Gummibaerchen in einer Tupperware beliebiger Farbe zusammenschuetten, dabei auf- und abspringen und leise schreien „Dass ich erkenne, was die Welt
Im Innersten zusammenhält!“

In Medellin gab es sogar noch viel mehr zu sehen, nur waren wir schon mit dem was wir unternahmen sehr ausgefuellt.

Um zu Kolumbien und den Comunas zurueckzukommen, gehe ich nochmal kurz auf den ahlen Pablo Escobar ein. In Medellin war sein Hauptsitz und somit das groesste Drogenkartell. Mit seiner Macht kontrollierte er die ganze Stadt und darueber hinaus. Tatsaelich kam er irgendwann sogar ins Gefaengnis, welches eigentlich ein kleines Schloss war (ist, kann man fuer teuer Geld besuchen) und fuehrte selbstverstaendlich von dort aus ganz genau wie vorher seine Geschaefte aus und Morde durch. Dies besonders in den 80ern. Ich glaube soweit haben das die Meisten irgendwie so oder aehnlich vielleicht schon einmal gehoert, ganz knapp zusammengefasst.

In seiner Amtszeit sammelte er sich seine Anhaenger (Kaempfer, Verteidiger und Drogenverticker) in den verletzlichsten Orten der Stadt, wo man nur mit ein wenig Geld winken muss, um Zuspruch von kleinen Jungs zu finden. In den Comunas. Sein Netzwerk war zu seinem Tod Ende 1993 riesig und dementsprechend aenderte sich erstmal ueberhaupt nichts.

Die Comuna 13 ist eins der Stadtviertel, das am meisten unter dem Kartellterror litt, in ganz Medellin (und Kolumbien) gab es etliche Massaker, Attentate, Drive-bys und alle anderen Arten von Verbrechen.

Zum einen mordete das Drogenkartell, zum anderen die Paramilitares, die in die Comunas kamen, um die Helferlein zu finden. Dafuer gab es die Undercovermenschen, die in den Comunas wohnten um diese oft sehr jungen Menschen heimlich ausfindig zu machen.

Gemordet wurde jedoch in den Comunas allerdings oft komplett wahllos und ueberhaupt nicht nachvollziehbar. Man konnte davon ausgehen, dass der Mittelmann meistens gar keine Ahnung hatte was er tut, wer wer ist und was er hier eigentlich macht und sich einfach fuer irgendwelche Personen entschied. Genauso willkuerlich waren die Massaker von Seiten des Kartells an Schulgruppen oder Versammlungen, die ueberhaupt nicht in Verbindung mit dem Kartell oder der Regierung standen.

Diesen Terror, taegliche Morde, Bomben und rohe Gewalt ertrug das Volk ueber 20 Jahre. Jeder wurde irgendwie mithineingezogen, die Indigenen, die Bauern, die Armen und die Reichen. Es wurde rekrutiert so viel ging, gezwungen am Handel teilzunehmen, fuer die Mafia zu arbeiten, fuer die Paramilitares zu arbeiten oder zum Schutz zu zahlen. Tausende von Toten wurden in allen moeglichen Orten verscharrt und in die Fluesse geschmissen, wie in den Mafiafilmen. Fuer die Comuna 13 begannen die schlimmsten Zeiten erst nach Escobars Tod. Von den Huegeln der Comuna kann man gerade so eine gelbliche Flaeche im Hintergrund ausmachen. Es ist Grube in der tausende von Leichen gefunden worden.

Wir lasen und lernten sehr viel im Casa de la Memoria in Medellin. Es ist gratis, sehr aehnlich in allen Aspekten zum Museo de la Memoria in Lima und mindestens genauso gut gemacht und informativ. Leider ebenfalls fast nur in spanisch, ich empfehle trotzdem hinzugehen. Natuerlich ist das harte Lektuere auch fuer Leute, die nicht jedes mal wieder bei Harold and Maude in Traenen ausbrechen.

Weil es zwischen ein bisschen witzig und sehr traurig ist, hier mein Lieblingsteil des Museums, ein paar der Zitate von mir persoenlich mittelmaessig uebersetzt nur fuer euch. Leider habe ich nur noch ein paar wenige uebrig. Diese Umfrage betraf Kinder und sie wurden um die Definitionen von schwierigen Woertern gebeten:

Angst: „Ein Kind, das traurig ist.“ Juliana Sanchez, 6 Jahre

Angst: „Vor einem Toten mit heraushaengenden Eingeweiden.“ Jenny Alejandra Baena, 9 Jahre

Angst: „Das ist, wenn meine Mutter Auto faehrt und einige Maenner (…) nichts zu essen haben, die Autoscheibe einschlagen und sie ermorden und meinen Papa ermorden und ich lebe alleine.“ Orlando Vasquez, 6 Jahre

Heim: „Waerme aus der die ganze Familie kommt.“ Carlos Gomez, 11 Jahre

Heim: „Es ist die Hoelle.“ Maria Jose Garcia, 7 Jahre

Geld: „Bloedsinn.“ Juliana Candelaria Gonzalez, 8 Jahre

Gewalt: „Wenn es Gewalt im Land gibt, hau ich ab.“ Yeny Andrea Rodriguez, 8 Jahre

Gewalt: „Der schlechte Teil von Frieden.“ Sara Martinez, 7 Jahre

Mysterium: „Als meine Mama weggegangen ist und mir nicht gesagt hat, wohin.“ Gloria Maria Hidalgo, 10 Jahre

Militaer: „Sich bewusst sein, dass sie sie umbringen.“ Astrid Yanet Gonzalez, 8 Jahre

Darum ist die Comuna 13 jetzt ein Ort des Friedens und des Graffitis und die wahrscheinlich sicherste Comuna in Medellin oder sogar Kolumbien. Kuenstler, die waehrend des Terrors nicht auf die Strasse gingen, um nicht ermordet zu werden, fuehlen sich mittlerweile frei und werden sogar bezahlt und gesponsert, um in der Comuna zu wohnen und zu sprayen. Das Graffiti ist Mittel der Verarbeitung der Angst und des Terrors. Ausserdem ist es eine Markierung: Dieser Ort gehoert uns und ihr koennt ihn nicht wieder wegnehmen!

Leider ist im Drogenkrieg kein Ende in Sicht, bis die Droge oder der Krieg aufhoert. Solange es Produktion gibt oder illegal bleibt, suchen sich die Arschgeigen einfach ein neues Stadtviertel zum terrorisieren. Die aktuelle Situation ist nicht mehr zu vergleichen mit dem vorherigen Geschehnissen, aber man lasse sich nicht lumpen, es ist nicht vorbei.

Dayan erzaehlte uns viele gruselige Dinge, die sie erlebte und hoerte. Zum Beispiel einen Aushang in der Uni, eine Liste der Studenten, die sich fuer soziale und umweltpolitische Dinge einsetzen, damit alle genau wissen wer die sind. Oder ueber die viele Prostitution, schon in jungen Jahren eingetrichtert als einziges Mittel an Geld zu kommen und irgendwie wichtig zu sein und die absurden Bezug auf Mord und Gewalt in den Comunas, hingenommen als etwas ganz Alltaegliches von ihren Bewohnern.

Von unseren kolumbianischen Freunden aus den vorigen Laendern haben wir ebenfalls andere schlimme Dinge erzaehlt bekommen, ueber die Mafia, die man heute nicht mehr Mafia nennt, denn mit Mafia bezieht man sich auf die Mafia der 1980er bis 2000.

Man lasse sich dennoch nicht abschrecken, ueberall passieren schlimme Dinge. Als Tourist hat man damit nichts zu tun, ausser man entscheidet an Orte zu gehen, an die die Bewohner Medellins (genannt „paisa“) selbst freiwillig keinen Fuss setzen wuerden.

Kolumbien ist ein tolles Land und man sollte dort unbedingt Urlaub machen. Dann sind auch die Kolumbianer ein bisschen weniger traurig, dass sie in vielen Staaten nur ein Bild von Mord und Kokain hinterlassen an Stelle ihrer herzlichen Laecheln, froehlichen Musik, bunten Kleider und karibischen Straenden.

Etwas nervig ist, dass die Comuna 13 so viel besucht wird, dass es fast keinen Spass macht dort hinzugehen. Ich empfehle es trotzdem jedem. Die Fuehrung war okay, aber nicht so informativ wie erhofft. Die Graffitis sind toll und der Himmel blau. Nur seid darauf gefasst aus der Metro auszusteigen und ca. 20 Free-Walking-Tour Guides gleichzeitig auf euch zurennen zu sehen.

Wir sind alle Migranten
„Es gibt kein Problem, dass sich nicht durch eine Avocado regeln laesst“
Denkt der Typ in gruen und geht schnell eine kaufen.

Ausser Krieg und Farben sahen wir in Medillin die bekannten Botero-Bronzeskulpturen. Eine dieser ist die bekannte Friedenstaube, die in der Zeit des Terrors durch eine Autobombe demoliert wurde. Botero entschied, dass sie genauso dableiben soll und er fertigte eine neue an und stellte sie direkt daneben, um zu sagen, den Frieden kann man nicht zerstoeren.

Da hatte ich allerdings meine Kamera nicht dabei, dafuer hab ich noch mehr Fischphotos! Zeig ich euch aber nicht.

Sonst gehen alle nach Guatape, schoene Natur und ein teurer Stein zum hochklettern, das haben wir uns gespart. Dafuer sind wir die 20 Minuten mit der coolen Seilbahn in den Park Arvi gefahren. Selbst wenn man da nicht drin herumlaufen will, lohnt sich das hochfahren schon!

Der Park ist ein riesiges Naturschutzgebiet, direkt an Medellin in dem man keinen Eintritt zahlt. Man kann dort am Fluss campen oder ganz lange laufen. Es wird einem ans Herz gelegt, eine Tour zu buchen oder sonst nur zum Campinggelaende hin- und zurueckzulaufen. Man kann allerdings mit ein bisschen Menschenverstand, oder ohne aber dafuer mit maps.me (Werbung) auch die Wanderpfade alleine finden und nach Lust und Laune stundenlang vor sich hin latschen.

Un dia despues de la guerra

Si hay guerra

Si despues de la guerra hay un dia

Si despues de la guerra tengo brazos

Te hare con amor el amor


Zitat Ende

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